Der Klimaschutzplan der Hansestadt ist vom Rat verabschiedet worden – im heute erschienenen Artikel der Landeszeitung ist auch enthalten, welche Kritik wir an ihm üben.
Kleine Schritte zur grüneren Stadt
Der Lüneburger Rat verabschiedet einen Klimaschutzplan. Er dient als Leitfaden bis 2030. Doch es gibt nicht nur Lob
Von Alexander Hempelmann
Lüneburg. Das Dokument ist 92 Seiten stark. 92 Seiten, auf denen zu lesen ist, was die Stadt Lüneburg in den kommenden Jahren unternehmen will, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das Bündel an Maßnahmen reicht von Baumpflanzungen über energetische Sanierungen eigener Gebäude und die Förderung von Solarenergie in privaten Haushalten bis hin zu mehr Carsharing und zusätzlichen Ladesäulen für Elektroautos, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Rat hat den Klimaschutzplan für Lüneburg in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich verabschiedet. Manch einem aber geht das Papier nicht weit genug.
Das Papier bündelt Kampagnen, die schon laufen, und Aktionen, die bereits umgesetzt sind, mit Aktivitäten und Maßnahmen, die erst noch angeschoben oder aber intensiviert werden sollen. Es soll als „Leitfaden für das zukünftige klimabewusste Handeln dienen und Denkanstöße für Bürger und Unternehmen bieten“, heißt im Vorwort. Aufgeführt sind Maßnahmen bei der Stadt selbst, bei ihren Tochtergesellschaften, an Schulen, in der Verkehrspolitik, aber auch Projekte, die das Klimabewusstsein bei Einwohnern und Unternehmen fördern sollen. Das Kernziel dabei sei eine „weitreichende Reduzierung des CO₂-Ausstoßes in der Hansestadt Lüneburg als lokaler Beitrag zur Erreichung der festgelegten Klimaschutzziele im Rahmen des Pariser Abkommens und durch die Bundes- und Landesregierung“.
Im Einzelnen geht es unter anderem um diese Ziele:
■ Beispiel Beratung: Ob Hauseigentümer, die ihre Immobilie energetisch auf den neuesten Stand bringen wollen, oder Bürger, die gerade in Trockenperioden zu einem Wasser sparenden Verhalten ermuntert werden sollen: Zahlreiche Informations- und Beratungsangebote setzen auf Aufklärung statt Auflagen und Verbote.
■ Beispiel Verkehr: Die Stadt möchte dazu beitragen, dass mehr Bürger vom Auto aufs Fahrrad umsteigen. Dazu beitragen können neben der Erweiterung des Fahrradleitsystems StadtRAD auch mehr Fahrradabstellplätze gerade an Knotenpunkten im Stadtgebiet, zum Beispiel Rad-Boxen und E-Bike-Ladestationen. Auch CarSharing soll ausgebaut werden – durch mehr Stationen und mehr gewerbliche Nutzer, die die Stadt dafür gewinnen will.
■ Beispiel Gebäude: Die Stadt fördert Hauseigentümer, die ihre Dächer oder Fassaden begrünen genauso wie jene, die ihre Wände besser dämmen oder ihre veralteten Fenster gegen neue austauschen wollen.
■ Beispiel Bauen: Die Stadt will bei Bebauungsplänen Instrumente nutzen, um zum Beispiel Schottergärten zu verbieten oder auch Bauherren dazu verpflichten, regenerative Energien zu nutzen.
Um regelmäßig zu kontrollieren, was von all den Aufgaben umgesetzt wurde und wo es noch Nachholbedarf gibt, brauche es auch Personal, machte Oberbürgermeister Ulrich Mädge deutlich.
Der Rat quittierte das Papier mit Lob und Kritik. Wolf von Nordheim (Grüne) zeigte sich „sehr dankbar“ für die „inhaltlich wertvolle Zusammenstellung“. Frank Soldan (FDP) sah indes einige „Zielkonflikte“, etwa beim Bestreben, mehr Menschen dazu zu motivieren, lieber das Fahrrad zu nehmen, wenn viele es aber nicht können und schlicht aufs Auto angewiesen sind. „Und was ist mit denen, die sich sich ökologisches Bauen nicht leisten können? Für solche Fälle muss ein Ausgleich geschaffen werden“, forderte er. Schließlich dürfe Klimaschutz nicht allzu sehr vom eigenen Geldbeutel bestimmt werden.
Da konnte Verwaltungschef Ulrich Mädge (SPD) mitgehen, er sieht aber nicht den Klimaschutzplan der Stadt dafür verantwortlich. Sein Adressat in diesem Punkt waren die Grünen im Bund: „Ich warne vor sozialen Verwerfungen beim Klimaschutz, wenn die grüne Kanzlerkandidatin 16 Cent mehr pro Liter Benzin fordert oder die CO₂-Bepreisung für höhere Mietnebenkosten sorgt, die dann vor allem die Menschen in Kaltenmoor treffen.“
Christoph Podstawa (Die Linke) sieht hingegen in dem Plan nicht mehr als „einen zahnlosen Tiger“: „Er beinhaltet einige interessante Ideen und richtige Maßnahmen“, doch ihm sei es inhaltlich oft zu wenig konkret, gerade da, wo die Politik gefordert wäre: „Ein kostenfreier Öffentlicher Personen-Nahverkehr wäre etwas, mit dem man das Ziel, Autos aus dem Stadtzentrum zu drängen, erreichen könnte.“ Er erinnerte zudem an Entscheidungen, die eher dafür sprächen, dass Klimaschutz nicht die allerhöchste Priorität in Lüneburg besitzt: „Wir bebauen Belüftungszonen, schaffen Parkplätze im Neubaugebiet Wienebüttel, statt es als autofreies Viertel zu konzipieren.“ Und auch in Rettmer werde bald wieder Fläche für ein neues Baugebiet versiegelt und der Individualverkehr gefördert.
Sebastian Deffner (AfD): „Einige Maßnahmen könnten wir mittragen.“ Als Beispiele nannte er die Entsiegelung von Flächen, die Schaffung von Frischluftschneisen und die Förderung des Umstiegs aufs Fahrrad. Doch der Plan und die Umsetzung verursache aus Sicht der AfD zu hohe Kosten, als dass der Aufwand zum Nutzen in einer angemessenen Relation stehe. Zumal die Ziele des Pariser Klimaabkommens aus seiner Sicht „völlig unrealistisch sind und der Wirtschaft schaden. Und weil dieser Plan den Vorgaben folgt, können wir ihm nicht zustimmen“.
Zur Sache: „Nicht ansatzweise ausreichend“
Die Initiative „Klimaentscheid Lüneburg“ sieht noch große Lücken im Klimaschutzplan. Mareike Panteli, Sprecherin der Initiative, bemängelt: „Die Stadt schließt sich nach wie vor nicht ausdrücklich dem Bestreben des Landkreises an, bis 2030 klimaneutral zu werden – obwohl die Hansestadt zum Landkreis gehört. In einigen Bereichen wird noch 2050 als Ziel für Klimaneutralität angegeben.“ Außerdem sind der Initiative die geplanten Maßnahmen nicht umfassend genug, nicht alle Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene würden ausgeschöpft. „Weitreichende Maßnahmen zum massiven Ausbau des Radwegenetzes fehlen ebenso wie Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt“, nennt Panteli ein Beispiel.
„Besonders die Energieversorgung kommt zu kurz“, kritisiert Pantelis Mitstreiter Carlo Krügermeier. „Dabei ist die Umstellung auf erneuerbare Energien für Strom und Wärme eine der wichtigsten Maßnahmen zur CO₂-Einsparung.“ Zudem bemängelt er, dass viele der Maßnahmen nur auf Bereiche der Verwaltung ausgerichtet sind; weitere Zielgruppen wie die Bürger sowie die Lüneburger Unternehmen würden nicht ausreichend adressiert.
Ein weiterer Kritikpunkt: Das eingeplante Budget zur Förderung von Klimaschutz-Maßnahmen sei mit 250.000 Euro pro Jahr „nicht ansatzweise ausreichend“, um den Klimaschutz in Lüneburg wirksam anzugehen. Wenn die Stadt zugleich in diesem Jahr 500.000 Euro ausgeben wolle, um kleinere Straßen zu sanieren, sei „das nicht verhältnismäßig“.