Gemeinsam mit BuchholzZero hatten wir ein Interview mit dem Hamburger Abendblatt – und daraus ist der erste Artikel über uns, der außerhalb der Lüneburger Medien erschien, entstanden! Lest selbst die gelungene Vorstellung unserer Lokalgruppen:
Sie wollen, dass ihre Stadt klimaneutral wird
Bundesweit engagieren sich Klimaentscheid-Teams in Kommunen und Gemeinden für eine drastische CO2-Reduzierung. Lüneburger und Buchholzer sind dabei.
von Hanna Kastendieck
Sie tragen knallgelbe T-Shirts, damit jeder sie sehen kann. Überall im Stadtgebiet haben sie Fahrräder aufgestellt, an denen ihre Banner mit dem weißen Schriftzug hängen: „Klimaentscheid Lüneburg“ steht darauf. Oder: „Wir haben die Wahl: Lüneburg klimaneutral!“ Und hätte das Gesundheitsamt nicht kurzfristig aufgrund der Pandemie ein Verbot für einen Stand erteilt, hätten die 20 Mitstreiter des Lüneburger Klimaentscheid-Teams bereits am vergangenen Wochenende ihre Tische in der Innenstadt aufgestellt und Unterschriften gesammelt für ihre Forderung. Sie wollen ihre Kommune auf Klimaneutralitätskurs schicken. Bis 2030, so das Ziel, soll Lüneburg klimaneutral sein.
Mit ihrem Engagement ist die Lüneburger Gruppe nicht allein. Bundesweit haben sich ehrenamtliche Klimaentscheid-Teams unter dem Dach des gemeinnützigen Vereins „GermanZero“ auf den Weg gemacht, in ihrer Kommune oder ihrem Landkreis eine gesellschaftspolitische Richtungsentscheidung für Klimaneutralität bis spätestens 2035 zu erwirken. GermanZero setzt dabei unter anderem auf die Aktivierung möglichst vieler Kommunen, um „von unten“ den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen. Daher finden derzeit in etlichen Städten sogenannte Klimaentscheide statt oder werden vorbereitet.
BürgerInnen entscheiden dabei über das Erreichen der Klimaneutralität ihrer Stadt und üben so Druck auf die Lokalpolitik aus, entsprechende Klimaaktionspläne zu erstellen und umzusetzen. Klimaentscheide sind Bürgerentscheide, die rechtlich ebenso verbindlich sind wie ein Ratsbeschluss. Mehr als 25 Teams sind inzwischen in Deutschland aktiv. Fünf von ihnen haben ihr Ziel erreicht und einen Beschluss in ihrer Stadt erwirkt. Eines davon kommt aus Buchholz.
Bereits im vergangenen Sommer hatten sich in der Nordheidestadt ein Dutzend Männer und Frauen unter dem Dach des Klimaentscheid-Teams „BuchholzZero“ zusammengeschlossen, um gemeinsam die Kommune zur Erstellung eines Klimaaktionplans zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes aufzufordern. Das Ziel: Eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad. Doch einen Bürgerentscheid mussten sie nicht erwirken. Der Buchholzer Stadtrat beschloss im März einen entsprechenden Antrag zur Erstellung von Klimaaktionsplänen. Allerdings mit zwei Zieljahren: 2035 und 2050. Diese Klimaaktionspläne sollen als wichtige Grundlage für alle weiteren Klimaschutzaktivitäten dienen.
„Uns ist bewusst, dass die angestrebte Klimaneutralität nicht allein aus Buchholzer Kraft erreicht werden kann“, sagt Gründungsmitglied Peter Eckhoff. Es brauche einige Unterstützung von der Bundes- und Landespolitik, wo die gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedinungen geschaffen werden müssen. „Aus diesem Grund haben wir uns der GermanZero-Bewegung angeschlossen. Denn nur gemeinsam können wir die nötigen Änderungen in der deutschen Klimapolitik anstoßen.“
Dass jetzt auch die Lüneburger mit im Boot sitzen, freut die Buchholzer sehr. Schließlich steige der Druck auf die Verantwortlichen, um so mehr Kommunen aktiv seien. so Eckhoff. „Die Natur verhandelt nicht! Sollte das alles scheitern, wird sich unser Klima, unsere Natur und damit auch unser Leben unumkehrbar verändern. Dieses zu verhindern ist das Versprechen an unsere Kinder, für das auch wir stehen.“
Für Moritz Meister und Hannah Lübbert geht es bei ihrem Engagement auch um ihre eigene Zukunft. Die beiden Studierenden aus Lüneburg gründeten im vergangenen Sommer gemeinsam mit 20 Mitstreitern die kommunale Gruppe LüneburgZero, deren Ziel zunächst einmal das Erreichen des Klimaentscheid für die Hansestadt ist. Dafür sammeln sie nun Unterschriften. „Jeder, der über 16 Jahre alt ist und in Lüneburg zuhause, darf auf unseren Listen unterzeichnen“, sagt Moritz Meister. 6000 Unterschriften müssen die Mitstreier in den kommenden sechs Monaten sammeln. Eigentlich wollten sie dazu im Stadtzentrum persönlich unterwegs sein. Doch weil das in Zeiten von Corona schwierig ist, eine Genehmigung für einen Infostand erst für den Mai vorliegt, haben die Akteure die Unterschriftenlisten auch digital verfügbar gemacht. „Sie können auf unserer Homepage ausgedruckt werden und anschließend an einer unserer Sammelstellen eingeworfen werden“, sagt Moritz Meister. 50 solcher Sammelstellen sollen perspektivisch in der Stadt entstehen, in Cafés, Kneipen und Restaurants, in Gemeindehäusern und Geschäften. Und sie haben 20 Fahrräder im Stadtgebiet verteilt, um auf die Aktion aufmerksam zu machen.
Aktivistin Hannah Lübbert ist davon überzeugt, dass sich in der Hansestadt ausrechend Menschen finden, die den Entscheid unterstützen. „Lüneburg ist eine Stadt, in der sich viele Menschen für Ökologie und Nachhaltigkeit einsetzen“, sagt die 20-Jährige, die an der Leuphana-Universität Umweltwissenschaften studiert und sich seit drei Jahren aktiv für die Themen Klimawandel und Generationengerechtigkeit einsetzt.
Als Mitglied des Jugendrats der Generationen Stiftung gehörte sie zu den Autoren des Buches „Ihr habt keinen Plan, darum machen wir einen“, das 2019 erschienen ist und viele Wochen auf der Spiegel-Bestseller-Liste stand. „In dem Buch geht es auch darum, dass sich die Politik oft von dem Gedanken leiten lässt, dass etwas eh nicht geht“, sagt sie. „Aber wir müssen beim Klimaschutz das Notwendige möglich machen. Das 1,5-Grad-Ziel bis 2030 zu erreichen, kostet zwar viel Kraft, wäre aber theoretisch möglich. Dafür müssen wir jedoch alle bereit sein, aus unseren Gewohnheiten auszubrechen. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt.“