Lüneburg. „Den Bürgerinnen und Bürgern verdeutlichen, wie sehr sie selbst ein Teil der Lösung sein
können“, lautete die Antwort von Prof. Dr. Melanie Speck auf die Frage aus dem Publikum, was sie
Niedersachsens Regierung nach der jüngsten Wahl raten würde, um das Land in Landwirtschaft und
Ernährung klimafreundlich aufzustellen. Die Professorin für Sozioökonomie in Haushalt und Betrieb nannte
das als einen von drei Punkten. Menschen könnten mit ihrem Verhalten maßgeblich zur Reduktion des
CO2–Ausstosses beitragen. Dazu zähle auch, was wir uns täglich auf die Teller tun.
Was für eine klimafreundliche Ernährung die wichtigsten Hebel sind, erläuterte die Wissenschaftlerin der
Hochschule Osnabrück auf Einladung des Klimaentscheids Lüneburg am fünften Abend der Reihe
„Klima.Wandeln.Hier“. Speck bezog sich auf die „Planetary Health Diet“ – übersetzt heißt das etwa
„Speiseplan für einen gesunden Planeten“. Das Konzept ist aber auch für uns Menschen gesund durch die
Stärkung von Obst und Gemüse auf unserem Speiseplan, den Verzehr von Hülsenfrüchten wie Erbsen und
Bohnen. Auch pflanzliche Öle und Fette sowie weniger Fleisch und Milchprodukte empfiehlt dieser Plan.
Allerdings müsse man auch immer sehen, wie sich Verhaltensweisen in den Alltag integrieren lassen, vor
allem dann, wenn mehrere Personen zum Haushalt gehören, sagte die Oecotrophologin.
Sie legte Möglichkeiten dar, wie wir unseren Fleischkonsum einschränken könnten, auch ohne es
geschmacklich zu merken. So gebe es bei Rezepten mit Hackfleisch – wie bei Königsberger Klopsen – die
Möglichkeit, ein Viertel des Fleisches durch Dinkelmehl zu ersetzen. Dies habe sich in Forschungsprojekten
in Kantinen gezeigt. Gerade in der Gemeinschaftsgastronomie könnten Aspekte einer klimafreundlichen
Ernährung sehr gut umgesetzt werden.
Wichtig sei, eine Routine zu entwickeln, um nicht täglich über Entscheidungen nachdenken zu müssen.
Dabei helfe es, eine Zeitlang ein Ernährungsprotokoll führen, um uns bewusst zu machen, was wir
verzehren. „Das führt automatisch zu einer nachhaltigeren Ernährung“, ist sich die Forscherin sicher. Sie rät
dazu, zu 70/80 Prozent Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte auf die Einkaufsliste zu setzen. Süßigkeiten,
Fleisch– und Milchprodukte sollten hingegen insgesamt nur 20 Prozent ausmachen. Sie persönlich esse nur
noch in Ausnahmefällen Fisch. Dazu habe sie sich entschieden, weil viele andere Tier– und Fischarten als
Beifang mit ins Netz gehen und tot wieder im Wasser landen.
Wie sich denn die Ernährung in die Maßnahmen zum Klimaschutz einfügen, fragte Moderatorin Dr. Marie–
Luise Braun, die die Reihe initiiert hat. „Wir verbrauchen derzeit 5 Erden, das heißt das fünffache der Ressourcen, die auf unserem Planeten vorhanden sind“, fasste Melanie Speck unseren Überkonsum
zusammen. Aktuell bringt jede*r von uns im Durchschnitt jährlich 10,4 Tonnen CO2 in die Umwelt. „Wir
müssen runter auf 2 Tonnen“, sagt Speck mit Blick auf Zahlen des Umweltbundesamtes. Die wichtigsten
Hebel seien hierbei: kein Auto zu besitzen und zu fahren, kein Fleisch zu essen und die Nutzung von
Ökostrom. Dadurch ließe sich unser CO2-Ausstoß um 30 Prozent verringern. Aber auch über den Verzehr
von Fleisch hinaus spiele Ernährung eine Rolle.
Unser Einfluss gehe aber noch weiter. Denn vieles, was unseren persönlichen Beitrag zum CO2-Ausstoss
beeinflusst – so legt Melanie Speck es dar – ist systemisch bedingt, beispielsweise müssen wir uns nach der
vorhandenen Infrastruktur richten. „Durch unser persönliches Verhalten können wir dazu beitragen, dass
Politik und Verwaltung diese Infrastruktur entsprechend anpassen“, sagt Marie-Luise Braun.
Die beiden anderen Punkte, die Melanie Speck der Landesregierung für mehr Klimaschutz raten würde sind:
„Viehbestände abbauen.“. Das sei zwar für Niedersachsen ein „dickes Brett“, weil es hier viel
fleischproduzierende Landwirtschaft gibt, aber: „Die Nitratbelastung ist einfach zu hoch“, ergänzte Speck.
Als dritten Punkt führte die Wissenschaftlerin aus, dass die Landesregierung für die Umsetzung ihrer
Ernährungsstrategie sorgen müsse. Hier hat Speck vor allem die Kantinen im Blick, die in öffentlicher Hand
sind. Niedersachsen hat 2021 als erstes Bundesland eine Ernährungsstrategie verabschiedet, die die Frage
beantworten soll, wie wir uns in Niedersachsen gesundheitsfördernder und nachhaltiger ernähren.
Die Reihe „Klima.Wandeln.Hier“ geht jetzt in die Pause. Im kommenden Jahr werden die
Kooperationspartner*innen zu weiteren Veranstaltungen einladen. Die Reihe ist eine Kooperation zwischen
Stiftung Leben & Umwelt /Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen, Klimaentscheid Lüneburg, JANUN
Lüneburg e.V., T.U.N. e.V., 23grad e.V. und agentur wortgewandt. Infos, Podcasts und Videos unter
www.klimaentscheid-lueneburg.de
Pressemitteilung vom 29. Oktober 2022 zur Klima.Wandeln.Hier Veranstaltung in Lüneburg
Hier findet ihr Videos der anderen Veranstaltungen der Klima.Wandeln.Hier Reihe: