Das Potential für Klima & Demokratie – Podiumsdiskussion zur EU-Wahl am 23.05.2024

„Eine Lebenswerte Zukunft für alle“ fasste Karla Bauszus, Sprecherin des Klimaentscheids Lüneburg, die Forderungen des Klimabündnisses zur EU-Wahl zusammen. Das Klimabündnis rief dazu auf, die Zukunft positiv und konstruktiv zu denken – nicht nur in der EU, sondern auch in Lüneburg.

Das Klimabündnis Lüneburg hatte am 23.05.2024 Marianne Esders (Kandidatin der Linken für das EU-Parlament), Frank Jäger (FDP-Kandidat für das EU-Parlament), Jakob Blankenburg (SPD-Bundestagsabgeordneter), Anna Bauseneick (CDU-Landtagsabgeordnete) und Claudia Schmidt (Grünen-Kreistagsabgeordnete) zur Podiumsdiskussion in das Museum Lüneburg eingeladen.
Etwa 100 Gäste interessierte, welches Potential die Parteien für den Klimaschutz auf EU-Ebene jeweils sehen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Bernd Redecker (Klimabündnis).

Drei Themenblöcke: Verkehr, Energie & Wärme und Landwirtschaft
Die Diskussion bestand aus den drei Themenblöcken: Verkehr, Energie & Wärme, Landwirtschaft. Zu jedem Block hatten die Organisator:innen drei Fragen an die Politiker:innen, die ihnen vorab mitgeteilt worden waren. Bevor es an die Beantwortung ging, präsentierte das Klimabündnis zunächst die Sicht der Wissenschaft: welche Klimaschutz-Maßnahmen empfehlen Expert:innen für den jeweiligen Bereich.
Das Publikum hatte ebenfalls Gelegenheit, Fragen zu stellen. Diese wurden digital gesammelt und abgestimmt.

Innerhalb der EU haben der Verkehrssektor mit 25 Prozent und der Wärmesektor mit 30 Prozent den größten Anteil an den Treibhausgasemissionen. Die Landwirtschaft hat einen Anteil von 10 Prozent.

Themenblock Verkehr
„Warum stockt es, warum kommen wir nicht voran beim Klimaschutz“ leitete Claudia Schmidt (Grüne) ihre Antwort ein. „Wir haben falsche Grundmuster“, der Bau vieler Straßen und das Wachstum der Wirtschaft werde als wichtig erachtet. Dies sei verkehrt, so Schmidt.

„Was ist Verkehr“ begann daraufhin Jakob Blankenburg (SPD) seinen Part. Neben wirtschaftlichen Chancen biete Mobilität die Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, so Blankenburg. Und er ist auch nicht grundsätzlich gegen, häufig als „Verbote“ wahrgenommene, ordnungspolitische Maßnahmen: die EU-Regelungen zum Verbrenner-Aus würden von vielen großen Wirtschaftsnationen unterstützt.

Marianne Esders (Linke) hielt ihre Antwort zum Bereich Verkehr kurz: die Linken fordern die Umsetzung aller zuvor präsentierten, von Expert:innen empfohlenen Klimaschutz-Maßnahmen. Sie hält auch nichts von Zertifikaten, um die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich zu reduzieren. „Dann können nur Reiche sich das leisten“, so Esders.

Bei den Publikumsfragen ging es unter anderem um ein Tempolimit. Für Jäger (FDP) ist die dadurch erzielbare CO2-Reduzierung eine vernachlässigbare Größe. „Es gibt wichtigere Maßnahmen“. Auf Nachfrage von Redecker, welche das denn seien, blieb Jäger (FDP) allgemein: Investition in neue Technologien.
Schmidt (Grüne) hielt dies für nicht praktikabel: „wir können nicht darauf warten, wir haben die Zeit nicht mehr“.  Blankenburg (SPD)  stimmte ihr zu: „wann kommt denn der Zeitpunkt, um die Forschungsergebnisse umzusetzen?“ Die Klimaziele seien sehr ambitioniert – würde man erst noch zehn weitere Jahre Forschung betreiben, seien die Ziele kaum noch zu erreichen.

Themenblock Energie & Wärme
Beim Übergang zum Themenblock Energie & Wärme knüpfte Redecker daran an. Er kritisierte, dass es weiterhin Subventionen für fossile Energien gibt und sagte „wir brauchen jetzt die Transformation. Wir können keine Technologien einsetzen, die es heute noch nicht gibt“. Er wies darauf hin, dass Nachbarländer wie Dänemark und Österreich schon seit zwanzig Jahren keine Gasheizung bei Neubauten mehr zulassen.
Blankenburg (SPD) bestätigt dies: „wir waren sehr behäbig, was das Handeln anging“. Andere Länder hätten sich früher Gedanken zur Wärmewende gemacht, Deutschland habe erst 2023 das Heizungsgesetz verabschiedet.

Esders (Linke) fordert einen schnelleren Ausstieg aus fossilen Energien und einen Energiepreisdeckel. „Wasserstoff ist nur sinnvoll, wenn er grün ist und in der Industrie, wo nötig, eingesetzt wird“ führt Esders aus.

Bauseneick (CDU) will weiter auf Atomkraft setzen. Redecker entgegnete daraufhin, Atomkraft verliere weltweit an Bedeutung. Dann verabredete er sich spontan mit Bauseneick zu einem Gespräch darüber.

Beide Fotos zu diesem Bericht von Malte Hübner
Beide Fotos zu diesem Beitrag stammen von Malte Hübner

Themenblock Landwirtschaft
In der Einführung zum Themenblock Landwirtschaft machte Nora Wiegmann (junge AGL) deutlich: Landwirtschaft ist sehr vom Klimawandel betroffen, hat große Potentiale bei der Bindung von CO2 und ist gleichzeitig einer der Hauptverursacher. Bei den Subventionen über die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU gibt es viele falsche Anreize, die verhindern, dass eine CO2 neutrale Landwirtschaft praktiziert werden kann.

Esders (Linke) forderte, für Subventionen ökologische Kriterien einzuführen, statt Agrarkonzerne zu subventionieren. „80 Prozent der Subventionen geht an 20 Prozent der Höfe“ erläutert Blankenburg (SPD), dies sei eine „unzuträgliche Konzentration“. Die Rahmenbedingung müssten geändert werden.

Bauseneick (CDU) beschwor den Wert des ländlichen Raumes, hatte aber keine landwirtschaftlichen Konzepte parat, die diesen befördern. Sie möchte Renaturierung von Mooren ausschließlich auf freiwilliger Basis.
Jäger (FDP) befürwortet eine am Weltmarkt orientierte Landwirtschaft ohne Subventionen, ohne näher auf  Klimaschutz einzugehen.

Schmidt (Grüne) sieht in Erzeugergemeinschaften und Direktvermarktung sowie Dienstleistungen für den Naturschutz eine Perspektive und strebt eine nachhaltige Entwicklung auf der Basis bäuerlicher Betriebe in Dörfern und Regionen an.

Die erste Klimaschutzmaßnahme im EU-Parlament?
Zum Schluss fragte Redecker die Diskutierenden „was ist die erste Klimaschutz-Maßnahme, wenn Sie in das EU-Parlament kommen“. Jäger (FDP) will durch Stärkung und Förderung der Wirtschaft den Klimaschutz voranbringen.
Für Schmidt (Grüne) ist wichtig, den europäischen Zusammenhalt zu stärken und gemeinsam als Europa das globale Problem Klimawandel anzugehen, entgegen national-egoistischer Tendenzen.
Blankenburg (SPD) betont die Notwendigkeit, jetzt massiv zu investieren in unsere Zukunft, alles andere würde viel teurer.
„Investitionen in die Zukunft“ nennt Esders (Linke) als erste Klimaschutz-Maßnahme und verweist darauf, dass Wirtschaft und Handel nicht ausbeuterisch und naturzerstörend sein darf.
Bauseneick (CDU) sieht in marktwirtschaftlichen Instrumenten wie dem Emissionshandel und Technologieoffenheit wichtige Maßnahmen für den Klimaschutz.

Fazit
So wurde deutlich, bei Anerkennung der Problemlage, dass die Herangehensweisen der Parteien sehr unterschiedlich sind in den Lösungsansätzen: von am Gemeinwohl orientierten Regulierungen bis hin zur Hoffnung, dass ausschließlich Markt und Kapital alles zum Besten regeln. Ob das für eine lebenswerte Zukunft für alle reicht?

 

Den Artikel zur Veranstaltung auf Lüne-Blog finden Sie hier